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Green New Deal: Wir schaffen das … diesmal wirklich?

Kritik hin, Kritik her: Ohne Umdenken aller bleibt klimaneutrales Europa Wunschdenken

„Das Wohl von Vielen, es wiegt schwerer als das Wohl von Wenigen oder eines Einzelnen.“ Sagte dereinst Mr. Spock, Vulkanier, Captain Kirk-Intimus und ob seines kaum in Zahlen zu fassenden IQs sowas wie die „allwissende Müllhalde“ an Bord der Enterprise. Schon klar, ist ein fiktiver Charakter. Allerdings einer aus dem „Star Trek“-Universum, in dem sich die Menschheit – schon längst befriedet und vereint – daran macht, „in Galaxien vorzudringen, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat“. Eine wohltuende Vision, sich angenehm vom ansonsten üblichen post-apokalyptischen Szenario des Science Fiction-Genres abhebend. Tja, und genau deshalb sind Spock & Co. auch Legenden der Pop-Kultur – seit mittlerweile knapp 60 Jahren.

Und was haben wir daraus gelernt? Mal sehen … äh … ziemlich genau nix. Wir verhalten uns nach wie vor getreu des guten, alten österreichischen Mottos „Wozu brauchen wir das? Bis jetzt ging’s auch ohne“. Jeder Vorschlag für Veränderung wird seziert, für schlecht befunden und wie Grimms Froschkönig mit euphorischer Inbrunst an die Wand geschmettert.

So auch der europäische Green New Deal

Ursula von der Leyens „Baby“, eine Art Grundsatzpapier für Europa als ersten klimaneutralen Kontinent der bekannten Welt. Nicht von heute auf morgen, wohlgemerkt. 2050 soll’s dann aber soweit sein. Kostet natürlich. Die Rede ist von bis zu einer Billion Euro. Aber was ist schon Geld, also bedrucktes Papier, wenn’s ums Klima geht? Schließlich kostet kein Klimaschutz sogar noch viel mehr. Bereits 2007 errechnete der Stern-Report der Weltbank, dass die Kosten eines zerstörten Planeten jene einer rechtzeitigen, intelligent geplanten und selbstverständlich 100-prozentigen solaren Energiewende gleich um das Fünffache übersteigen. Und dabei ist das menschliche wie tierische Elend noch gar nicht mal mitgerechnet.

Tja, und wie wird auf diesen europäischen Vorstoß, dem aktuell einzig handfesten seiner Art, fürs Erste reagiert? Skeptisch … um es mal vorsichtig auszudrücken. EU-Mitgliedsstaaten (z.B. Polen, Tschechien und Ungarn) wollen gleich mal mehr Geld und andere alles nur nicht einen Cent mehr beitragen. Und in den Köpfen von Medienschaffenden, Politikern und Weltuntergangspropheten spuken die Geister des drohenden Totalabsturzes. Sie malen den Teufel eines gegen die Wand fahrenden Europas an die Wand. Nicht immer. Aber immer öfter.

Der Grund dafür liegt auf der Hand: Sieht der Green New Deal doch den kompletten Umbau der europäischen Wirtschaft vor – und das sorgt für reflexartige Panikattacken. Ob die eine oder andere Regierung, französische Landwirte oder deutsche Autobauer: Sie alle warnen vor Arbeitslosigkeit, einer möglichen De-Industrialisierung und versuchen mit Leibeskräften, die Notwendigkeit von Klimaschutzmaßnahmen kleinzureden.

Ist dem so?

Und was braucht’s, um die Schwarzmalerei als sinnlos zu entlarven? Nicht viel. An dieser Stelle seien nun beispielhaft zwei magere Pünktchen erwähnt:

1) Vernichtung von Arbeitsplätzen

Zerstört der Green New Deal Jobs bei alten Energieträgern? Natürlich. Aber er kreiert auch jede Menge neue. Nach Analyse der Internationalen Agentur für Erneuerbare Energien, kurz IRENA, weltweit satte elf Millionen, Stand 2018. Und diese Zahl könnte bis 2030 global auf stolze 30 Millionen „Energiewende-Jobs“ steigen.

Und jetzt mal ehrlich: Jobs verschwinden, weil neue entstehen … hey, das gab’s doch schon immer. Vor 110 Jahren waren es zum Beispiel die Hufschmiede, die das Ende der Zeiten erahnten. Es klingt noch im Ohr: „Wo kommen wir denn hin, wenn die Leute keine Pferde mehr brauchen? Dieses moderne Zeug, dieses Auto, setzt sich sowieso nie durch …“

2) Schiene statt „Airline-Biene“

Gedankenexperiment: Wir wollen von Wien nach Paris. Nicht per Auto, wir sind ja nicht lebensmüde. Welche Angebote stehen uns denn zur Auswahl?

Angebot #01: die Bahn

So informiert die österreichische Bundesbahn: „Die durchschnittliche Reisezeit mit dem Zug von Wien Hauptbahnhof nach Paris beträgt 12 Stunden und 57 Minuten. Die Reisezeit kann an Wochenenden und Feiertagen länger sein.“

Preis: Zwischen 78,40 Euro für Frühbucher und 123,89 Euro für Kurzentschlossene

Angebot #02: das Flugzeug

Die Reisezeit? Ein Klacks. Schlappe zwei Stunden und zehn Minuten. Dafür das übliche Flughafen-Gehetze, Security Check-Boxenstopp mit „Schuhe ausziehen, bitte!“ inklusive.

Muss man auch mögen …

Preis: Je nach Airline zwischen 40 (!) und 146 Euro.

Fazit: Sechsmal schneller dort – und preislich in etwa der gleichen Liga. Keine Frage, ich nehm’ den Flieger! So denken viele. Ist auch nachvollziehbar. Bedeutet aber nicht: Flugzeug top, Bahn Flop. Bedeutet vielmehr: Ausbau der Bahnstrecken endlich forcieren, nicht bloß drüber spekulieren. Mehr Zugverbindungen + Gleisanlagen am letzten Stand der Technik = verkürzte Reisezeit + günstigerer Preis. So wird ein Schuh draus. Und nicht mit dem Bau der dritten Piste.

Außerdem: Was bringt schneller dort, wenn der Klimawandel auch dort bereits seine Spuren hinterließ? Einfach mal drüber nachdenken …

Der Green New Deal der EU: ein wichtiger Schritt

Heißt das nun, Kritik am europäischen Green New Deal ist verboten? Keinesfalls. Er ist nicht perfekt … aber wer oder was ist das schon? Doch ist er endlich eine ernst gemeinte und ambitionierte Initiative, um dem Klimawandel-Schreckgespenst nachhaltig den Zahn zu ziehen. Damit es morgen eben nicht mehr kraftvoll zubeißen kann. Halten wir es also mit Mahatma Gandhi: „Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt.“ Und eine Welt ohne Green New Deal, quasi eine Welt im Würgegriff des Klimawandels, wünscht sich hoffentlich keiner.

Das Fazit ist simpel: My Future. My Choice.

Von Heinz Lackner, Journalist

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